Badewannenglück.

Badewannenglück.

Wir haben dort oben auf der Alp nicht viel. Zumindest nicht viel materiellen Besitz. Dennoch sind wir zufrieden. Vielleicht gerade deswegen? Wer weiß das schon.

 

Es ist Mitte Sommer. Der Wecker klingelt jetzt erst morgens um viertel vor vier anstatt schon um drei. Diese 45 Minuten später aufstehen haben wir uns hart erarbeitet.

Der heutige Tag war anstrengender als sonst. Tagsüber mussten wir viel zäunen und das Jungvieh zügeln. Da die Tiere aber nicht so wollten wie wir es wollten, durften wir, nach dem sie uns durch die Gasse, wieder den steilen Berg hinunter, an uns vorbeigerannt sind, nochmals von vorne anfangen. Somit ging das Jungvieh zügeln fünf Stunden, anstatt nur drei.

Brennende und schlaffe Oberschenkel, ein dicker Sonnenbrand, weil wir die Sonnencreme vergessen hatten, leichtes Kopfweh wegen zu viel Sonne, ein Lächeln im Gesicht, weil wir es endlich geschafft hatten und ein knurrender Magen mit einem riesigen Durst obendrauf waren das Ergebnis dieses Tages.

Beim Zurücklaufen vom Jungvieh beschlossen wir spontan die Milchkühe auf dem Weg mit einzusammeln, da es schon fast Zeit zu Melken war.

Wäre jetzt irgendwo eine Kuh ausgebrochen hätten wir wahrlich zu kämpfen gehabt in unseren hintersten Ecken Kräfte zu mobilisieren.

Wir machten es ganz gemütlich, da wir wirklich mehr als erledigt waren. Man hätte meinen können die Kühe merkten es und hatten ein wenig Mitleid. Denn sie liefen gemütlich vor uns her trotteten nacheinander in unserem Tempo in Richtung Hütte und Stall. Wir, auf unsere Hirtenstöcke gestützt liefen ihnen lachend und ausgelaugt hinterher. Wäre jetzt irgendwo eine Kuh ausgebrochen hätten wir wahrlich zu kämpfen gehabt in unseren hintersten Ecken Kräfte zu mobilisieren.

Am Stall angekommen machten wir uns dennoch zügig ans Einstallen, schnallten uns im Anschluss unsere Melkschemel um und begannen zu Melken. Zweieinhalb Stunden später stand der Stall wieder leer, war geputzt, die Kühe grasten zufrieden auf ihrer Nachtweide und wir richteten gerade unser Abendessen.

Heute war es zum ersten Mal diesen Sommer Zeit für ein wohlverdientest Bad.

Ich beschloss kurzerhand, dass heute zum ersten Mal diesen Sommer Zeit war ein Bad zu nehmen. Wohlverdient nach diesem Tag versteht sich.

So zündete ich in dem gegrabenen Loch unter der Badewanne ein paar Holzscheite an, befüllte die Wanne mit Wasser und wartete während dem Essen bis das Badewasser angenehm warm war.

Es war so etwas Besonderes, dass meine Vorfreude fast größer zu sein schien als das eigentliche Ereignis, nämlich später in der Wanne zu liegen, selbst.

Ich freute mich so darauf und hoffte auch dass ich pünktlich zum Sonnenuntergang in der Wanne liegen konnte. Es war so etwas Besonderes, dass meine Vorfreude fast größer zu sein schien als das eigentliche Ereignis, nämlich später in der Wanne zu liegen, selbst.

So saß ich mit den anderen beim Essen und sprang immer wieder hinaus zur Badewanne, um zu überprüfen ob das Wasser schon heiß genug war. Wobei ich meine Beine bei jeder einzelnen Bewegung unserer Tagesaktion merkte.

Nachdem ich vier Mal die Temperatur überprüft hatte entschloss ich den Schritt in die Wanne zu wagen. Und wie es auch sein sollte, es war zu heiß als ich mit meinen Füßen hineinstieg, also musste ich wieder hinaus und kaltes Wasser nachschütten. Das Feuer unter der Wanne das mittlerweile zu heißer Glut geworden ist brutzelte und zischte vor sich hin da es immer wieder ein Tropfen aus der Wanne nach unten schaffte.

Ich fühlte mich wie im Paradies. In einer einfachen, alten, rostigen Wanne.

Das Wasser war endlich perfekt, ich holte mir noch ein kleines Holzbrett da die Wanne von unten vom Feuer brühend heiß war und ich mir sonst mein Hinterteil verbrannte. Ich setzte mich also in die Wanne, auf das Holzbrett und ließ mich mit einem lauten Seufzer nach hinten Sinken. Glockengebimmel, der Sternenhimmel der langsam, Stern für Stern immer mehr zu sehen war. Warmes Wasser, dass meine schweren Beine entspannen ließ. Ich fühlte mich wie im Paradies. In einer einfachen, alten, rostigen Wanne. Aber ich hatte die Sterne über mir. Konnte es in diesem Moment etwas Schöneres geben? Ich glaube nicht.

Trotz dessen, dass wir hier oben sehr wenige materielle Dinge haben.

Wie so oft auf der Alp schenkt mir ein anstrengender Tag hier oben, an dem wir manchmal kämpfen mussten, an dem ich abends geschafft bin, eine wahnsinnige innere Zufriedenheit. Trotz dessen, dass wir hier oben sehr wenige materielle Dinge haben.

Für einige Momente war es perfekt. Doch dann einige Zeit später wurde das Wasser immer wärmer da unter der Wanne schließlich noch das Feuer brannte. Es war also Schluss mit meiner Grübelei und Genießerei.

Schließlich verbrannte ich mir jeden Moment fast meinen Allerwertesten.

So setzte ich mich auf. Ich wollte aber nicht aus der Wanne steigen, da es draußen eindeutig zu kalt war. So schöpfte ich mehr oder weniger erfolgreich, mit meinen beiden Händen Wasser nach draußen, um das Feuer zu löschen. Es rauchte und qualmte und zischte wie verrückt, aber das war mir egal. Schließlich verbrannte ich mir jeden Moment fast meinen Allerwertesten.

Nach kurzer Zeit war ich erfolgreich und konnte noch die letzten paar Minuten des Abends das angenehm warme Wasser, den Sternenhimmel über mir, das Glockengebimmel um mich herum und den Mond der fein geformt war wie eine Sichel am Himmel hängend genießen bevor mir in der Wanne die Augen zu fielen und es deswegen Zeit war ins Bett zu gehen.

Das alles nenne ich Frieden + Badewannenglück.