Traditon „Alpsegen – Betruf“ – Er soll die Alp, das Vieh und uns Älpler schützen.

Traditon „Alpsegen – Betruf“ – Er soll die Alp, das Vieh und uns Älpler schützen.

Die Kühe sind gemolken und fressen gemütlich an ihrer Nachtweide, dem Jungvieh geht es auch gut. Kuhglocken bimmeln rythmisch vor sich hin.  Ein atemberaubendes rot-orange-gelb zeichnet sich am Himmel ab, die Sonne verabschiedet sich für heute feierlich und nimmt ihre Wärme des Tages mit, denn es wird langsam frisch und kalt, es ist Abend. Alle Arbeit ist erledigt. Ich nehme den hölzernen Milchtrichter („Folle“), der immer in der Küche neben dem Ofen hängt. Sauber, behütet, wertvoll – etwas Besonderes ist er. Er gibt meiner Stimme noch mehr Klang, noch mehr Reichweite über die Berge. Denn bis dort hin wo mein Alpsegen durch die Berge hallt, so weit soll auch die Alp geschützt sein, sagt man sich zumindest. Ich stelle mich zum Kreuz das sich neben der Alp befindet. Schließe nochmals kurz meine Augen und genieße die Ruhe. Nur die Kuhglocken höre ich ganz leise. Ansonsten, Nichts. Ich setze den Trichter vor meinen Mund und beginne gesangsartig meinen Betruf und Alpsegen in die Weite zu rufen. „Ave Maria, Ave Maria, Ave Maria, Der Herr Jesus Christ, beschütze alles was auf dieser Alpe ist. Ave Maria……………….“ Ich kann ihn mittlerweile auswendig, habe ihn Anfangs, vor Jahren, immer während dem Melken auswenig gelernt und geübt. Heut mache ich ihn zum 67. Mal diesen Sommer. Jeden Abend, bei jedem Wetter stelle ich mich hier hin und bitte darum dass unser Vieh, unsere Alp und wir Älpler vor Unheil beschützt werden – ich bitte darum, dass alles  was auf dieser Alp ischt und dazugehört, zu behüätä und zu bewahre  und das Vieh „vor dem Wolf sin Rache“ und „dem Bäre si Tatze“ zu beschütze.

Traditionen sind da um sie fortzuführen. Traditionen sind da um sie zu pflegen.


Tradition ist Bewahrung des Feuers und nicht Anbetung der Asche.

Leider ist der Betruf und Alpsegen eine fast aussterbende Tradition, hinter der so manche Menschen keinen Sinn mehr sehen.

Hat man es aber einmal gemacht, weiß man, dass es irgendwie dazu gehört und einen jeden Älpler ruhiger schlafen lässt.

Denn es ist ein Schutzritual.

Der Älpler bittet mit seinem allabendlichen Gesang, wenn die Sonne untergeht, Gott, Maria, Jesus und verschiedene Heilige darum, Mensch und Tier auf der Alp vor Unheil zu bewahren. In vielen Betrufen werden die möglichen Gefahren sogar auch genannt, wie Unwetter, Räuber, Wölfe oder Geister.


Denn in den Bergen ist der Mensch den Naturgewalten ausgeliefert.

Bevor der Älpler also zu Bett geht, übergibt er den Schutz für sein Vieh und seine Alp höheren Mächten.

Der Älpler benutzt zur megaphonartigen Verstärkung seiner Stimme einen hölzernen oder blechernen Milchtrichter („Folle“), durch den er seine Bitte in Sprechgesang in die Berge trägt.

Ob Alpsegen, Betruf, oder, selten, auch Ave-Maria-Rufen, Sennen-Ave (in Liechtenstein) oder Sankt-Johannis-Segen genannt, es bleibt immer das Gleiche. Es ist ein Schutzgebet in Form eines Sprechgesangs. In den katholischen Teilen der Alpen wird er allabendlich vom Senn oder vom Hirte auf einer kleinen Anhöhe seiner Alp / Alm gerufen, laut und weit ins Tal und über die Berge.


Er soll die Alp, das Vieh und uns Älpler schützen.

Der Betruf ist in katholischen Berggebieten der Schweiz verbreitet: In den Kantonen Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, in Teilen des Kantons Luzern (in der Gegend des Pilatus und im Entlebuch), im Kanton St. Gallen (Sarganserland), im Kanton Appenzell Innerrhoden und in Teilen des Kantons Wallis (Oberwallis) sowie des Kantons Graubünden (Surselva).

Auch im Fürstentum Liechtenstein, im österreichischen Vorarlberg und im süddeutschen Allgäu findet der Alpsegen seinen Platz

Wie lange gibt es den Alpsegen schon?

Vorgänger der Alpsegen sind wahrscheinlich Viehsegen. Handschriftlich belegt, gibt es ihn seit dem 14. Jahrhundert.

Im Gebiet Schweiz sind Betrufe erstmals im 16. Jahrhundert auf dem Pilatus beim Luzerner Stadtschreiber Renward Cysat erwähnt. Um 1600 wurde der Alpsegen/Betruf für eine Zeit lang von der Luzerner Obrigkeit verboten, da es heidnisch gewesen sei. Ein Jesuitenpater soll daraufhin den Text christlich umgeschrieben haben. Bis heute werden ähnliche Texte, die aber immer den gleichen Sinn – den Alpsegen – verfolgen, in den Alpenregionen in die Berge tragen.

Liebe Älpler, lasst diese Tradition wieder öfters aufleben.

(Bilder + Rechte: Bartli Wenk)

 

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