Ein Älplermorgen | Alpgefühl
Alpgefühl, Berge, Heimat, Kühe, Kuhglocken
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Ein Älplermorgen

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Ein Älplermorgen

90 Tage. 90 Nächte. 90 Mal früh aufstehen. 90 Mal die gleiche Arbeit. 90 Mal das Leben genießen.

Ich stehe auf. Bin schon wach bevor der Wecker klingelt. Eigentlich bin ich noch müde. Aber was hilft das schon? Ich trotte aus dem Bett, reibe mir den Schlaf aus den Augen. Der Boden knarzt und es ist kalt. In der Küche angelangt heize ich ordentlich ein, damit es warm wird. Heizung gibt es nicht. Der Duft von Rauch und Qualm steigt auf. Anfangs fand ich das unangenehm. Mittlerweile gibt es mir ein Gefühl von Wärme. Das Feuer entfacht und es beginnt zu knistern. Das wäre getan. Über dem Kamin hängen meine Anziehsachen. Es ist August und eigentlich könnte man meinen dass es warm ist, aber auf der Alp?! Auf 2000hM eher weniger.

Morgens ganz früh auf der Alp ist es richtig kalt

5 Grad. Eine lange Unterhose lernt man auf der  Alp manchmal wirklich zu schätzen, die wird angezogen, damit es auch gescheit warm ist. Neu ist diese nicht mehr, aber sie erfüllt ihren Zweck, sogar etwas ausgeleihert und alt ist sie schon. Obenrum mache ich immer Zwiebelpaket, möglichst viele Schichten übereinander. Auf der Alp trage ich alte Sachen, die ausgetragen werden können, ganz unkompliziert. Denn, es zählt das Innere, nicht das Äußere.  Über meine gute lange Unterhose kommt noch die Stallhose. Fertig.

Gummistiefel mit Stahlkappen sind manchmal sogar sehr von Vorteil

Jetzt geht’s nach draußen wo meine Gummistiefel (ganz wichtig, mit Stahlkappen, sollte mal eine Kuh auf die Füße treten) sind. Schnell hineingeschlupft, Stirnlampe auf den Kopf gesetzt, meinen Lieblings Stecken geschnappt, geht’s in die Kälte die Kühe suchen und zusammentreiben um sie im Stall zu melken. Bei uns sind die Kühe außer zum Melken, Tag und Nacht draußen.

Nacht und Nebel Aktion beim Kühe eintreiben.

Oh Nebel. Ja das wird lustig. Raus geht es auf die Nachtweide. Nachtweide, weil es oft die Weiden sind die um die Hütte sind, damit man Nachts nicht so weit laufen und suchen muss.  Es geht erst einmal steil bergauf. Gerade am Morgen wenn der Kreislauf noch unten ist, kommt mir ein kurzes steiles Stück viel anstrengender vor als sonst. Ich kann gerade so meine ausgestreckte Hand vor meinen Augen sehen. Der Rest: weißer Nebel. Ich weiß eigentlich nicht genau wo ich hinlaufe, die Richtung ist nur bergauf, in der Hoffnung ein paar, oder am besten alle Kühe im Nebel zu finden. Wenn ich glück habe höre ich ein paar Glocken der Kühe läuten, aber sonst? Auf gut Glück.

Ich trotte weiter in meinem Halbschlaf. Laufe einfach vor mir her, mein Kopf ist leer und frei, nichts sorgt nichts kümmert, ich habe sogar ein leichtes Lächeln von Leichtigkeit im Gesicht, obwohl der steile Berg an meinen morgendlichen Kräften zerrt. Plötzlich setzt es mich gerade Wegs mit Kopf voraus in das taunasse Gras. Plumps.

Alpgefühl ist, wenn du im Dunkeln über ein Murmeltierloch stolperst.

Das Loch eines Murmeltierbaus hat mich zum Stolpern gebracht. Ich bleibe noch einen ganz kurzen Moment liegen. Ich muss über mich selbst schmunzeln. Fluche nicht und ärgere mich nicht. Es ist einfach und ich muss einfach ohne Sorgen darüber lachen. Im Dunkeln, verschlafen und verträumt zum Kühe holen. Man könnte meinen nach so vielen Tagen harter Arbeit, wo der Schlaf nicht sonderlich viel ist, die Kräfte gut ausgeschöpft sind und die Laune mit der Müdigkeit sinken sollte…. Naja dass man vielleicht in solchen Momenten verzweifelt? An seine Grenzen geht? Ja, manchmal ja, manchmal nein, doch eigentlich weiß man dass man im hier und im jetzt leben muss, denn man ist jetzt dort oben und hat Verantwortung. Deswegen nehme ich auch diesen Moment an und belächle ihn, und mache sogar aus einem Sturz wegen einem Murmelbau das Beste.

 

P.S. Alle Kühe habe ich an diesem Morgen nicht gefunden, ich musste nochmals loslaufen 🙂