18 Okt Heimreise, wie es ist nach der Alp zurück zu kehren.
Nach einer langen Zeit in den Bergen, weg von Zuhause, ging der Sommer zu Ende und es wurde wieder Zeit in meine Heimat zurück zu kehren. Die Zeit in den Bergen war schön, doch heim zieht es mich irgendwie am Ende trotzdem immer. Die Vorfreude wächst Freunde, Bekannte und Verwandte wieder zu treffen, wieder einmal auszuschlafen, vielleicht auch mal wieder schick Essen zu gehen, wer weiß?
Ich räume die letzten Sachen zusammen, lege die letzten Zäune nieder, mache meine Alphütte noch einmal sauber. So sauber wie ich sie vorgefunden habe – denn wer weiß ob ich wiederkomme, oder ob diese Alp im nächsten Sommer jemand anderes machen darf. So schwinge ich noch ein letztes Mal den Besen, überprüfe nochmals jeden Schrank ob ich auch alles eingepackt habe.
Ein letztes Mal zu den Bauern „Tschau“ „Ade“ „Aufwiedersehen“ sagen, den verdienten Lohn abholen. Noch einmal den Hund streicheln, bevor ich ihn an den Bauern, von dem ich ihn geliehen habe heile zurück bringe. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge – denn ich werde sie vermissen, wie sie mir den Sommer über immer zur Seite gestanden hat, sich jedes Mal freute, wenn sie mit mir gehen durfte, egal wohin, sie war zuverlässig, ich habe ihr vertraut, sie hat mir vertraut. Doch ihr bei ihrem Bauern geht es ihr besser.
Irgendwann werde ich mir selbst einen treuen Begleiter für meine Seite wünschen,
doch jetzt könnte ich ihm im Tal an Bewegung und Auslauf in einer einfachen Wohnung nicht gerecht werden.
Alles ist erledigt, jetzt fehlt nur noch eines: mit vollgepacktem Auto die Heimreise antreten und dem liebevollen Dorf und seinen Menschen und dem herrlichen Berg über den Winter den Rücken kehren.
Während der Fahrt Nachhause trage ich ein zufriedenes aber aufgeregtes Lächeln im Gesicht. Gedanken schwirren durch meinen Kopf. Ich mache mir Vorsätze, für die Zeit nach der Alp. Vor allem geht es dabei darum das mitzunehmen, was ich dort oben wieder zu schätzen gelernt habe:
Auf mich selber achten und mir selber Gutes tun.
Sich die Arbeit machen ab und an Brot selber zu backen, zu kochen, getrocknete gesammelte Kräuter als Tee zu trinken, anstatt schnell einen Teebeutel in die Tasse zu hängen. Sein Essen schätzen und nicht mehr so viel wegschmeißen. Viel Laufen und somit die Sorgen weglaufen und wann immer möglich in die Berge gehen. Immer daran denken, dass man Glück nicht kaufen kann – neue Dinge machen nur für einen kurzen kleinen Moment glücklich. Nicht mehr so viel Fernsehen – mehr lesen. Mehr darüber lernen was die Natur uns gibt – Kräuter zum Heilen nehmen, anstatt Medizin. Ich könnte unendlich viel aufzählen.
Bei der Hälfte der Strecke halte ich nochmal kurz an einem See mitten in der Natur an.
Von einem Bauern habe ich ein kleines Säckchen geschenkt bekommen mit Wurst, feinstem Trockenfleisch und richtig altem gereiftem Käse darin. Ich nehme das Päckchen und setze mich damit ins Gras. Nochmal kurz zur Ruhe kommen, die letzten ruhigen Momente genießen. Ein Stück Trockenfleisch und ein Stück Käse schiebe ich mir in den Mund, schließe kurz die Augen und denke an Zuhause. Sorgenfrei, ja wirklich irgendwie sorgenfrei. Stolz, das geschafft zu haben. Jetzt ist es aber Zeit zu gehen. Ich steige wieder in mein Auto und fahre die letzten Kilometer in Richtung Heimat.
Manchmal denkt man, in der ganzen Zeit wo man auf der Alp gewesen ist, hätte man Zuhause etwas verpasst,
doch kommt man einmal an merkt man, dass man rein gar nichts verpasst hat, es ist immer noch alles gleich wie vorher. Die Menschen, die Umgebung, alles. Es ist nur etwas Zeit vergangen.
Im ersten Moment enttäuscht es mich, ich habe mir das Heimkommen irgendwie aufregender vorgestellt, aber auf der anderen Seite beruhigt es, dass alles noch so ist wie vorher.
Das Einzige was sich geändert hat bist du selbst.
Das Einzige was sich geändert hat bin aber ich selbst. Erst mal räume ich mein Auto aus und verstaue alles in meiner Wohnung. Irgendwie finde ich meine ganzen Sachen wahnsinnig besonders und „neu“. Was wohl daran liegt, dass ich sie so lange gar nicht hatte. Alles erledigt und ich schalte kurz den Fernseher ein (trotz der guten Vorsätze im Auto) – weil ich im ersten Moment nicht weiß was ich gerade sonst mit mir anfangen soll. Doch ich stelle fest, dass es mich nicht mehr interessiert. Es kommt wirklich und wahrhaftig nur „Müll“ und „Mist“ im Fernsehen, oder Werbung in der wir zu unnützen Sachen verführt werden. Ich schalte also schnell wieder aus, nehme mir ein Buch und verbringe so meinen Abend.
Die nächsten Tage merke ich bei einigen dingen dass sie mich wirklich nerven, vorallem das Auto fahren ist für mich absolute Zeitverschwendung. Ich frage mich oft noch Wochen danach, wenn ich durch überfüllte Straßen fahre, ob es denn nötig ist, dass jemand von der einen größeren Stadt, in die andere größere Stadt zum arbeiten fahren muss. würde es nicht auch einen geeigneten Job in seiner eigenen Stadt geben? Einige Tage später werde ich selbst aber auch schnell wieder in den Alltag und die Umgebung zurück geschleudert. Es ist im ersten Moment ein kleiner Schlag. Ich merke schon bald wieviel Kopfarbeit dahinter steckt, das Gelernte und die innere Ruhe aufrechtzuerhalten. Mal geht es besser mal, weniger. Aber ich habe mir fest vorgenommen diese Dinge von dort oben mitzunehmen und zu versuchen zu Leben.