Älpler im Portrait – Frau Alpgefühl persönlich – weil die Welt dort oben noch in Ordnung zu sein scheint.

Älpler im Portrait – Frau Alpgefühl persönlich – weil die Welt dort oben noch in Ordnung zu sein scheint.

„Frau Alpgefühl, warum gehen sie so gerne in die Berge?“  – „Weil die Welt dort oben noch in Ordnung zu sein scheint“

 

Viel Spaß beim lesen!

 

1.Name

Katharina

2. Geburtsjahr

1990

3. Wieviele Sommer Erfahrung auf der Alp?

8 Sommer

4.  Alpgefühl ist für mich…

…mit weniger das Gefühl mehr zu haben.

Freiheit und Veranwortung. Die Mischung macht es besonders.

Freiheit im Sinne von sich seine Zeit frei einteilen, die Arbeit so machen können wie es für einen selbst richtig ist (dabei muss am Ende des Tages das Ergebnis aber trotzdem stimmen, sodass Alpbesitzer, Bauern und Tiere zufrieden sind).

Verantwortung. Gegenüber den Tieren, gegenüber den Bauern deren Hab und Gut mir im Sommer anvertraut wird,  im Sinne von jeden Tag, knapp 100 Tage am Stück früh aufstehen, schauen dass es den Tieren gut geht, sauberes Melken für gute Milch, auf Krankheiten achten, zäunen, Tierwohl. Sodass es ein vertrauensvolle Verhältnis zwischen Bauer und Älpler ist. Ein Geben und Nehmen.

Besonders macht die Alp für mich auch, mit Tieren zu arbeiten –  ich finde sie unwahrscheinlich beruhigend und ehrlich.

Die wahnsinnige Ruhe in den Bergen.

Das minimalistische Leben – ohne Fernseher, selten Auto fahren, keine Partys – das macht es menschlicher, man wird nicht abgelenkt von unwichtigen Dingen, achtet mehr auf sich und auf andere, wird sensibler.

Körperlich ausgelastet zu sein. Nach einem harten Tag zufrieden ins Bett fallen.

Es geht immer 3-4 Monate – man hat es also nicht das ganze Jahr, so ist es immer etwas Besonderes.

5.  Wie sieht dein Alltag auf der Alp aus?

Anfangs um ca 3 Uhr aufstehen (gegen Ende Sommer wird es dann 1-2 Stunden später). Kühe von der Weide holen, alle 120 Kühe einstallen und anbinden, dann zusammen mit zwei anderen Älplern Melken bis ca. halb 7, Melkzeug sauber machen, die Kühe alle los binden, aus dem Stall lassen und auf die Tagweide treiben die etwas weiter weg ist. Wieder zurück laufen und den Stall und Vorplatz sauber machen.

Frühstück um 9 nachdem wir fertig sind.

Anschließend zum Jungvieh wandern und schauen ob es allen gut geht, das sind ungefähr 4-5 Stunden Fußmarsch.

Wenn es nötig ist noch etwas Zaun machen, die Nachtweide mit frischem Gras nachstecken,  und wenn die Zeit noch reicht ein kleines Mittagsschläfchen machen. um ca 15 Uhr werden dann wieder die Kühe eingetrieben, eingestallt und gemolken, nachdem wir sie nach dem Melken wieder auf die Nachtweide getrieben haben, wird noch schnell der Stall sauber gemacht und um ca 8, halb 9 ist dann Feierabend und es wird gemeinsam Abendessen gekocht 🙂

6. Was war dein schlimmstes Erlebnis auf der Alp?

Mein Sommer ´18 war wirklich eine Herausforderung. Trockenheit, Hitze. Wenig Wasser, fast kein Futter. Aber wir haben es durchgezogen und geschafft.

In einem anderen Sommer widerum gut 4 Wochen am Stück Regen, Nebel, Regen, Nebel.

Wir haben die Kühe auf eine Nachtweide getrieben die etwas weiter weg von der Hütte war, in der Nacht kam Gewitter, Sturm, Regen, Blitz Donner. Ich musste die Kühe morgens um halb 4 holen. Ich lief also los, mein Hirtenstock mit meiner Hand fest umklammert, der Regen peitschte mir nahezu ins Gesicht. Der Donner war so laut, dass ich bei jedem Blitz und Grollen auf den Boden ging, so Angst hatte ich. Zu guter letzt, fand es mein Hund auch nicht toll, ist einfach umgedreht und in die Hütte zurück gerannt. Also musste ich die Kühe auch noch allein holen, wozu ich ohne Hund noch länger benötigte. In dieser Nacht habe ich wieder das Beten angefangen und mir wirklich gewünscht dass mich ein Engel schützt. Im nachhinein muss ich darüber lachen, aber damals war es wirklich schlimm. Zu meinem Alpmeister habe ich am nächsten Tag gesagt, dass ich bei dem Wetter nie wieder Kühe holen gehe 😉

Schlimm war auch als eine Kuh abgestürzt ist und ich zuschauen musste wie sie den Berg hinunter in die Schlucht „gedrolet“ ( gekugelt) ist.

7. Gibt es einen Moment, oder eine Geschichte die dir von der Alp immer in Erinnerung bleiben wird?

Mein erster Alpabzug / Abtrieb am Ende des Sommers. Dieses Gefühl ist nahezu unbeschreiblich. Wenn du den Sommer über durch Höhen und Tiefen gegangen bist, du mittendrin auch einmal dachtest „das mache ich nie wieder“, aber auch die vielen Momente genossen hast, wo es einfach so schön war. Und dann bringst du Ende Sommer das Vieh heil ins Tal zurück, die Kühe sind geschmückt, du selbst hast dich ebenfalls ins Dirndl geworfen und vielleicht ein paar Blumen ins Haar gesteckt. Ein bisschen Heimweh mischt sich mit Alpweh. Ein wenig Stolz auf das Geschaffte kommt hoch. Ich dachte eigentlich dass niemand zuschauen würde. Unten im Dorf warteten aber Bauern und Zuschauer, ältere Menschen saßen mit ihren Klappstühlen am Straßenrand – ich weiß noch, manche klatschten – damals hatte ich Tränen in den Augen.

In einem meiner ersten Alpsommer waren wir auf einer Alp die für 3 Personen gedacht war, nach ein paar Wochen ist eine Person gegangen, da die Vorstellungen eher „auf der Alm da gibt´s kei Sünd“ als „Arbeiten auf der Alp“ waren. Wir haben es ein paar Wochen zu zweit durchgezogen, es war Teamarbeit und Zusammenhalt. Das vergesse ich nie.

8. Was hat dich in den Bergen besonders geprägt, was würdest du gerne anderen mitgeben?

Tue das was dir gut tut und gib niemals auf. Wenn du etwas willst und ganz feste daran glaubst, bekommst du es auch.

Was die Masse macht ist noch lange nicht richtig.

Vergesst die Menschlicheit in eurem Leben nicht. Am Ende sind es doch Beziehungen, Gespräche, das von Herz zu Herz, erlebte Momente,  was uns bleibt und am Leben hält. Nicht das Handy oder die Zahl die auf eurem Konto steht.

Ich musste ab und zu schon einer Herde Kühe hinterher rennen. Den Berg hinauf. Oder eine Arbeit machen die vielleicht schmerzhaft war, oder auf die ich keine Lust hatte. Ein Freund fragte mich mal, wie ich das kann, dass ich oft einfach immer weiter mache? Ich sagte zu ihm: In diesen Momenten wenn dir die Beine brennen, die Lunge sich vor Anstrengung zusammenzieht, denke ich mir immer, ich muss das hier nicht ewig machen, irgendwann wird es aufhören und dann habe ich mein Ziel erreicht, nur jetzt ist es so. So setze ich meinen Fokus auf mein Ziel und es wird irgendwie leichter. Ich finde das ist auch im Leben so. Eigentlich in jeder Lebenssituation.

9. Was machst du (beruflich) im Winter?

Ich habe Industriemacheniker / Meisterin / Betriebswirt gelernt und dort eine Zeit lang im Büro/Werkstatt gearbeitet.

Mittlerweile bin ich jedoch meinem Bauchgefühl gefolgt. Arbeite halbtags im Büro. Die andere Hälfte halte ich mein „Herzprojekt Alpgefühl“  mit Texten und Beiträgen und schönen ausgesuchten Produkten am laufen und möchte das noch weiter ausbauen. Nebenher bin ich wenn die Zeit reicht als Betriebshelferin unterwegs.